08.-15.07.2017 Hohe Tatra Slowakei

Günther ScholzeHoch-Bergtour Wandern & Trekking

Hohe Tatra 08. -15. Juli 2017

1.Tag:
Es ist schon schwer am Morgen, nach dem ersten Kinderfestabend, wenn der Wecker um 4.20 Uhr rasselt aufzustehen. Bei mir ging’s aber ganz schnell, raus aus dem Bett, Anziehen, Zähneputzen und um 4.30 Uhr mit dem Auto los. Es läuft alles problemlos,  Zugfahrt nach Stuttgart, Flug nach Krakau.

Wir werden pünktlich von Daniel unserem Reise- und Wanderführer am Flughafen Krakau abgeholt und treffen uns anschließend mit Sylvia, die uns eine großartige Stadtführung durch Krakau beschert. Krakau, die zweit größte Stadt Polens, liegt an der Weichsel und wird dominiert vom Wawelhügel, einer ehemaligen Residenz mit Schloss und Kathedrale, hier liegen zahlreiche Könige und Geistliche begraben. Nicht zu übersehen ist natürlich der Stolz der Krakauer auf ihren Papst Johannes Paul II.

Anschließend fahren wir ca. 2,5 Std. über die slowakische Grenze nach Stary Smokovec, zu unserer Unterkunft der Pension Reitmayer. Fast die gesamte Fahrt über, werden wir von Daniel, der früher an einem Gymnasium Deutsch unterrichtet hat, mit Informationen über die Hohe Tatra, Land und Leute unterhalten. Der Vortrag ist so interessant, dass keine Müdigkeit aufkommt und das notwendige Schläfchen nach der kurzen Nacht ausblieb. Die ganze Woche über, hören wir von Legenden, Sagen und Erzählungen über diese Region der Slowakei.

Diesen langen Tag beenden wir mit unserem ersten traditionellen Essen und das einheimische Bier für wirklich nur 1.60 Euro,  z.B. Pivovar Šariš, Pilsener Urquell oder Zlatý Bažant ´73. Diese haben wir ausgiebig getestet.


2. Tag:
Frühstücksbuffet vom Feinsten, jeden Morgen, da blieben wirklich keine Wünsche offen.

Pünktlich um 8.00 Uhr holt uns Daniel mit seinem Chef Peter zu unserer ersten Tour ab. Eine Eingehtour, in der Weißen Tatra (Balaja Tartra), der östliche Teil des Tatra Gebirgszuges. Ganz gemütlich, durch ein langes Tal, so beginnt unsere Wanderwoche. Hier sehen wir erstmals hautnah die Auswirkung des großen Sturmes von 2007, der hier große Waldflächen zerstört hat. An unserer Seite die imponierende Lammspitze, nach 2,5 Std. kommen wir zum Kopske Sedlo 1750 m, einem Pass mit wunderbarer Aussicht auf die Gipfel der Tatra.

Die Vysoké Tatry(Hohe Tatra) ist das kleinste Hochgebirge der Welt, es misst nur ca. 26 km in der Länge und ist der höchste Teil des insgesamt 1600 km langen Karpatenbogenns der in Rumänien beginnt. Ihr höchster Gipfel und somit auch der höchste der ganzen Karpaten ist die Gerlachovský štít 2654 m (Gerlachspitze). Leider darf man diesen und noch andere interessante Gipfel nur mit Bergführen besteigen. Das ganze Gebiet zwischen Polen und der Slowakei ist Nationalpark und steht somit unter besonderem Schutz. Sie ist zugleich Biosphärenreservat der UNESCO.

Nach einer Pause steigen wir ab zur Chata pri Zelenom prese, eine Berghütte an einem kleinen grünen See, dessen Entstehung einer Sage entspringt, wie wir von Daniel erfahren. Hier essen wir zum ersten Mal Bryndzove halusky, (Brimsennocken, das sind Kartoffelnocken mit Schafsfrischkäse (Halusky ) und Speck) eine slowakische Version unserer Allgäuer Kässpätzle.

3. Tag:
Das Wetterglück hat uns heute verlassen, also entscheiden sich Daniel und Peter für den Národný park Slovenský raj (Nationalpark Slowakisches Paradies) in der Niederen Tatra. Ein begeisterter Tourist, gab dem Park vor 100 Jahren den Namen, „er fühle sich hier wie im Paradies.“

Durch die Sucha Schlucht steigen wir entlang eines Bergbaches, über teils hölzerne, teils eiserne Stege immer höher. Waagrechte oder dann wieder fast senkrechte Leitern erleichtern uns die Schlucht zusätzlich. Eine Mischung zwischen Eistobel und Klettersteig, ein Erlebnis, dass wir so nicht erwartet haben. Die enge Schlucht mit vielen Wasserfällen und vom Sturm umgestürzten, moosbewachsenen Bäumen, bringt uns auf die Idee, dass hier früher Feen und Zwerge gelebt haben müssen.  Auch der vorhergesagte Regen setzte unterwegs ein, was die Sache nicht unbedingt einfacher machte.

Unser Ziel, Klastorisko, ein Ort mit historischem Hintergrund und Ruinen eines Kartäuserklosters. Zum Glück war auch eine Chata „Hütte“ an diesem Ort, denn es „goss“ mittlerweile wie aus Kübeln. Genau das richtige Timing für unsere erste „Kapustniva“, eine slowakische Krautsuppe.

Wegen des Regens wählte Peter den kürzesten Rückweg. Dieser war aber steil und matschig, doch zum Glück hauptsächlich im Wald. Unser Bus holte uns alsbald wieder ab und so fuhren wir zurück.

In der Pension Reitmeyer wurden wir, vom Team um Susanna, kulinarisch mit slowakischen Spezialitäten verwöhnt. Otto machte Essensvorschläge, die er im Internet recherchierte, diese wurden von der Küchenmannschaft prompt schon am nächsten Tag umgesetzt. Kaum auszusprechen, aber sie schmeckten wirklich sensationell.
Von Daniel erfuhren wir vom Nationalgetränk, dem Tatratee. Den gibt es in verschiedenen Stärken und Geschmacksrichtungen von 17% bis 72%. Das Original mit 52% probierten wir dann auch sofort.

4.Tag:
Auch heute sollte das Wetter die Tourenplanung beeinflussen. Ausgangspunkt ist Hrebienok  1275 m das Ende der Standseilbahn von Stary Smokovec. Im zentralen Teil der Hohen Tatra ist unser Ziel die Terrihütte auf 2015 m. Entlang des Mistrale Pfades, der Hauptweg durch die ganze Tatra, steigen wir an großen Wasserfällen vorbei zur ersten Chata, der Zamkovskeho Hütte. Nur eine kurze Pause, Daniel checkt den Regenradar und drängt uns weiter. Wir schaffen noch ca. 45 Min, denn das Gewitter zieht doch etwas früher über die westlichen Gipfel, genau auf uns zu. Eine tolle Stimmung, ich mache noch ein Foto, schon bricht ein Regenguss los, so unglaublich schnell. Wir sind „pitschnass“, bevor wir unsere Regenkleidung anziehen können. Die Terrihütte konnten wir leider nicht mehr erreichen, wir gehen zurück. Auf der Chata Zamkovskeho  ist natürlich kein Platz mehr, wir sind ja nicht die Einzigen. So gehen wir zurück zur Seilbahn.

Hier scheint schon wieder die Sonne. Peter, der Chef unserer Rajec-Agentur änderte aber sogleich das Programm. Er organisierte zwei Kleinbusse und wir fahren am Nachmittag nach Poprad (Deutschendorf), der größten Stadt im Gebiet der Tatra, immerhin zählte die Stadt mehrmals zu den Bewerbern der Olympischen Winterspiele.

Wir fahren zuerst in den Stadtteil Spisska Sobota (Georgenberg), dort besuchen wir die Kirche des Hl. Georg in ihrem spätromanischen Stil, ganz beeindruckend auch der kunstvoll gestaltete Hauptaltar des Meisters Paul von Leutatsch mit dem letzten Abendmahl. Ungewöhnlich auch der nahe Renaissance Glockenturm auf dem Marktplatz mit seinen schönen Bürgerhäusern. Der zweite Teil der Stadtbesichtigung wurde dann aber moderner, in der Fußgängerzone von Poprad, lassen Kik und H&M grüßen.

5. Tag:
Einen Ruhetag hatten wir nicht nötig, aber die Flossfahrt war auf heute reserviert. Es sollte der sonnigste Tag der Woche werden. Diesmal ging’s in den Pieninsky Nationalpark zum  Grenzfluss Dunjace zwischen Polen und der Slowakei. Früher wurde hier das Holz bis in die Ostsee mit den Flößen gebracht, heute ist es eine Touristenattraktion. Die 1,5 Std Flossfahrt, mit zwei ehemaligen Schülern von Daniel war total schön. Vorbei an den Trcy Kronony, den Drei Kronen, ein kleines Bergmassiv, das auch im Wappen auftaucht und dessen mittlerer Zacken einen Geist darstellen soll.
Nächste Station war ein Museumsdorf direkt unter einer Burg. In verschiedenen Häusern erfuhren wir von dem einfachen Leben der Bevölkerung Anfang des 20. Jhd. Auch eine Holzkirche konnten wir besichtigen.
Letzte Station am heutigen Ruhetag war das mittelalterliche Kežmarok (Kesmark), wir steuerten sofort wieder auf eine Kirche zu. Diesmal eine evangelische Holzkirche. Obwohl die meisten von uns schon genug Kirchen in dieser Woche gesehen hatten, war auch diese unglaublich beeindruckend. Eine von 6 Holzkirchen in der Slowakei, erbaut 1681 außerhalb der Stadtmauer von Kežmarok, komplett aus Holz, selbst die Nägel durften nicht aus Eisen sein. Sie wurde 2008 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus.

Am Ende der Führung von Kežmarok führte uns der Weg auf den Marktplatz, ganz nett, guter Kaffee und eine schrecklich falsch spielende Blaskapelle.

6. Tag:
Der Wetterbericht verspricht wieder nichts Gutes. Wahrscheinlich einmalig in der Geschichte der Sektion, werden doch zwei Teilnehmer trotz pünktlichem Erscheinen vergessen. Sie mussten aber nicht lange warten, bis die Kleinbusse zurückkamen.
Angekommen beim Sliezsky Dom (Schlesier Haus) auf 1650 m sind wir sogleich zum Warten verurteilt. Regen und Sturmböden machen einen Aufstieg sinnlos.

Bei „Mensch ärgere dich nicht“ und Billard versuchen wir die Zeit sinnvoll zu überbrücken. Die ersten sechs fahren nach einer Stunde schon zurück. Halb zwölf will dann Peter doch noch los, Wind und Regen begleiten uns, er sagt wir gehen mal eine halbe Stunde, das sagt er dann nochmals. Und nach  1,5 Stunden sind wir auch schon am Polske Sedlo 2200 m. Die kurzen Kletterstellen zuvor an einer Kette waren problemlos trotz Regen und Wind der langsam nachließ.  Eine halbe Stunde später, nach 2 Stunden und 5 min stehen wir am ersten Gipfel der Hohen Tatra, Vychodna Vysoka 2429m. Null Sicht 4 Grad und Wind, das war unser Gipfelerlebnis.

Zurück am Polske Sedlo meinte Peter, hier weht immer starker Wind und schon fliegt ein blauer Drache in den Himmel,  bevor er in den Wolken verschwindet rufe ich: „wem gehört der…“ schaue mich um, aber alle haben ihren Rucksack noch bedeckt, bis mir auffällt, dass da ja meine Regenhaube reiß aus genommen hat. Wir sind dann nicht lange unterwegs, als wir ein blaues Etwas in einer Rinne über uns bemerken. Kein Problem, 70 Hm extra und die Regenhaube (die ich Tags zuvor gekauft habe) ist wieder zurück.

Nach einem wieder hervorragenden Abendessen, bestellen wir dann mal den 72er (% nicht Jahrgang) Tatratee.  Der läßt sich nicht mehr ohne Gesichtszuckungen runterspülen, aber er schmeckt trotzdem noch prima.  Otto versuchte sich dann gleich als Feuerspucker. Eine ordentliche Stichflamme spie er über den Tisch und jeder fragte sich, war Otto irgendwann mal beim Zirkus?

7. Tag:
Voller Erwartung auf den höchsten Berg Polens, beginnt der letzte Tag. Wir fahren bis zum  Poprdske Pleso 1500 m und starten hier. Gleich zu Beginn des Weges besteht die Möglichkeit für den Lohn eines Tees, einen Sack mit Pellets (ca. 10 kg) für die Hütte mitzunehmen. Otto und ich opfern uns, Otto mit einer Trage ich im Rucksack.

Ein gemütlicher Weg zieht sich hoch und uns wird bald bewusst, dass wir nicht ganz alleine unterwegs sind. 200 Hm vor der Hütte wird der Weg mit Leitern und Ketten versichert. Es bilden sich kleine Staus, wir kommen aber gut voran. Es gibt hier einen Steig für die Aufsteigenden und einen für die Absteigenden. Die Chata pod Rysmi 2250 m, die höchste Hütte in der Tatra erreichten wir nach gut 2,5  Stunden.  Die zusätzlichen Pellets haben Otto und mir sichtlich zu schaffen gemacht, sodass wir auf den Tee verzichteten und lieber ein Bier nahmen. Die restlichen 250 Hm zum Gipfel des Rysy 2499 m sind dann übersät mit Menschen, die rauf oder wieder runter wollen. Trotz einer kleinen und leichten Kletterei zum Gipfel ist dieser höchste Punkt augenscheinlich bei den polnischen Bergsteigern sehr beliebt. Ein Gruppenbild ist hier nicht möglich, zu viele Menschen und zu wenig Platz. Dieses Bild holen wir dann im sicheren Abstand und im Abstieg nach.

8. Tag:
Leider ist auch der schönste Urlaub mal vorbei, abgesehen vom Wetter, war so ziemlich alles perfekt. Die Menschen, das Essen, die vielen Informationen, die tollen Berge und die Kultur drum rum, vor allem eine tolle Truppe und die 100% perfekte Organisation von Tourenleiter Otto Besch, lassen uns diese 8 Tage nie vergessen.

 

Günther Pompf Scholze